Schon einmal etwas von „Tako Tsubo“ gehört?
Nein, es ist keine neue asiatische Kampftechnik, die uns erneut an unsere körperlichen Grenzen bringt und auch keine neue Filiale einer falsch geschriebenen, großen Bekleidungskette.
Obwohl „körperliche Grenzen“ tatsächlich damit in Zusammenhang stehen: Bei diesem Begriff handelt es sich um eine Erkrankung des Herzens – im medizinischen Fachjargon auch „Broken-Heart-Syndrom“ (gebrochenes-Herz-Syndrom) genannt.
Bei dieser fast schon romantisch klingenden Erkrankung handelt es sich auf den ersten Blick um eine Art Herzinfarkt, der sich aber bei einer Herzkatheteruntersuchung nicht bestätigt. Die Symptome sind zum Verwechseln ähnlich: „Infarktzacken“ in der Herzstromkurve (EKG) und ein krankhafter Anstieg der Herzenzyme im Blut. Es lässt sich aber kein- für den Herzinfarkt typischen- Verschluss der Herzkranzgefäße erkennen. Stattdessen findet der Mediziner eine auffällige Form der linken Herzkammer und eine bauchig erweiterte Herzspitze vor. Das ließ japanische Ärzte, die die Erkrankung Anfang der 90er Jahre zuerst beobachteten, an eine Tintenfischfalle – japanisch Tako Tsubo – denken.
So exotisch der Name auch klingt, selten ist diese Erkrankung nicht. Mehr als 7,5 Prozent aller vermeintlich akuten Herzinfarkte und ihre unmittelbaren Vorstufen liegen ihr zugrunde.
Besonders häufig sind Frauen nach den Wechseljahren betroffen (nahezu neun von zehn Fällen) – was hat mich zum Schreiben dieses Artikels veranlasst hat.
Plötzlich auftretender „vernichtender“ Herzschmerz,Übelkeit, Atemnot bis hin zur Bewusstlosigkeit – so erleben die Betroffenen die Tako Tsobu Kardiomyopathie(Erkrankung der Herzmuskulatur). Voraus gegangen ist meistens ein körperliches, häufiger aber ein psychisches Trauma.Sie waren zum Beispiel Opfer eines Überfalls geworden oder hatten schwere psychische Krisen, wie den Verlust eines nahestehenden Angehörigen oder einen Familienstreit, durchgemacht. Bei manchen reichte aber auch schon der Besuch beim Zahnarzt, um ihr Herz versagen zu lassen.
Bei allen Frauen konnte im Blut eine deutliche Erhöhungen der Stresshormone gemessen werden. Die linke Herzkammer hat offensichtlich besonders viele Rezeptoren für diese Stresshormone und so bewirkt diese Hormon-Flut, dass die Kalzium-Regulation des Herzmuskels aus dem Ruder läuft und somit die Herzkontraktion durcheinander kommt. Zeitgleich fanden Forscher ein Protein in der linken Herzkammer, was dort eigentlich gar nicht vorkommen sollte. Dieses Eiweiß legt den Herzmuskel zusätzlich lahm. Die linke Herzkammer ist extrem aufgebläht, der Ausflusstrakt der Hauptschlagader dagegen stark verengt, so dass nicht mehr ausreichend genug Blut in den Körper gepumpt werden kann.
Warum überwiegend Frauen betroffen sind, konnte noch nicht ausreichend geklärt werden.
Wahrscheinlich ist, dass Frauen nach den Wechseljahren der herzschützende Effekt des Östrogens fehlt und sie deshalb womöglich gefährdeter sind.
In einigen Fällen kann die lebensbedrohlich empfundene Attacke sogar wiederholt auftreten.Beruhigend ist aber die Tatsache, dass sich das Herz in 99 Prozent wieder regeneriert -nur ein Prozent der betroffenen Frauen versterben an Komplikationen wie Herzrhythmusstörungen.
In der Akutphase müssen die Patientinnen intensivmedizinisch überwacht werden, danach besteht die Therapie überwiegend aus ACE-Hemmern und Beta-Blockern. Selbstverständlich sollte eine psychokardiologische, stressabbauende Betreuung im Anschluss erfolgen. Die Psychokardiologie beschreibt die Wechselwirkung zwischen Herz und Psyche – sie beschäftigt sich mit den Zusammenhängen von Herzerkrankungen und psychischen Faktoren.
Es wird davon ausgegangen, dass es eine hohe Dunkelziffer gibt, weil Ärzte die Symptome mit dem herkömmlichen Herzinfarkt verwechseln.
Eine renommierter Mediziner ist Dr. Holger Nef von der Kerckhoff Klinik in Bad Nauheim.Er wurde vor kurzem für seine Forschungen über Tako Tsubo mit dem Wissenschaftspreis der Deutschen Stiftung für Herzforschung ausgezeichnet.
Keine(r) muss an „gebrochenem Herzen“ sterben … auch wenn es sich manchmal fast so anfühlt ….
Mit dem Nutzen des Kommentarbereiches erklären Sie sich mit der Datenschutzerklärung einverstanden.